Ein plötzlicher Krankheitsfall kann für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwerwiegende Folgen haben – nicht nur gesundheitlich, sondern auch finanziell und arbeitsrechtlich. Damit Beschäftigte in dieser Situation abgesichert sind, regelt das deutsche Arbeitsrecht klare Rechte und Pflichten während einer attestierten Arbeitsunfähigkeit. Doch trotz dieser Schutzmechanismen gibt es immer wieder Bestrebungen, die Arbeitnehmerrechte zu schwächen. Gerade aus gewerkschaftlicher Sicht ist es daher essenziell, für den Erhalt dieser Errungenschaften zu kämpfen.
Rechte und Pflichten während der Arbeitsunfähigkeit
1. Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber
Erkrankt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, ist sie oder er verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer zu informieren. Dies muss spätestens vor Arbeitsbeginn am ersten Krankheitstag erfolgen. Diese Regelung dient dazu, den Arbeitgeber frühzeitig in die Lage zu versetzen, betriebliche Abläufe entsprechend anzupassen.
2. Nachweispflicht durch ärztliche Bescheinigung
Dauert die Erkrankung länger als drei Kalendertage, muss spätestens am vierten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) vorgelegt werden. In manchen Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen kann jedoch festgelegt sein, dass ein Attest bereits ab dem ersten Krankheitstag erforderlich ist. Arbeitgeber haben das Recht, eine frühere Vorlage der Bescheinigung zu verlangen, was jedoch von Gewerkschaften immer wieder kritisch hinterfragt wird, da es Misstrauen gegenüber Beschäftigten signalisiert.
3. Entgeltfortzahlung und Krankengeld
Das deutsche Arbeitsrecht sichert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für eine Dauer von bis zu sechs Wochen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Sollte die Erkrankung darüber hinaus anhalten, haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf Krankengeld durch die Krankenkasse. Allerdings ist das Krankengeld in der Regel geringer als das reguläre Gehalt, wodurch langfristige Erkrankungen zu erheblichen finanziellen Einbußen führen können.
4. Kündigungsschutz im Krankheitsfall
Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben bietet eine Krankschreibung keinen absoluten Schutz vor einer Kündigung. Arbeitgeber können unter bestimmten Umständen – insbesondere bei häufigen oder langanhaltenden Erkrankungen – eine sogenannte personenbedingte Kündigung aussprechen. Dabei müssen sie jedoch nachweisen, dass durch die Erkrankung betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigt werden. Gewerkschaften kritisieren solche Kündigungen als sozial ungerecht, da sie Menschen in ohnehin schwierigen gesundheitlichen Situationen zusätzlich belasten.
Gewerkschaftliche Perspektive: Schutzmechanismen bewahren und ausbauen
Gewerkschaften setzen sich dafür ein, dass bestehende Rechte nicht nur erhalten, sondern weiter gestärkt werden. Sie warnen vor Versuchen von Arbeitgeberverbänden und neoliberalen Politikern, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kürzen oder die Hürden für eine Kündigung von erkrankten Beschäftigten zu senken. Solche Maßnahmen würden in erster Linie prekär Beschäftigte und Geringverdienende treffen, die oft ohnehin schon schlechter abgesichert sind.
Zudem plädieren Gewerkschaften für eine verbesserte soziale Absicherung von Langzeiterkrankten. Das derzeitige Krankengeld reicht für viele nicht aus, um ihren Lebensstandard aufrechtzuerhalten, weshalb alternative Modelle zur finanziellen Unterstützung diskutiert werden müssen. Auch der Schutz vor Arbeitgeberwillkür ist ein zentrales Anliegen: Es muss verhindert werden, dass Beschäftigte aufgrund von Misstrauen oder wirtschaftlichem Druck gezwungen werden, krank zur Arbeit zu erscheinen.
Fazit
Die gesetzlichen Regelungen zur Arbeitsunfähigkeit in Deutschland bieten einen wichtigen Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dennoch gibt es immer wieder Versuche, diese Rechte einzuschränken oder sie durch betriebliche Regelungen aufzuweichen. Gerade in Zeiten zunehmender Arbeitsverdichtung und psychischer Belastung ist es essenziell, dass Beschäftigte ihre Rechte kennen und gewerkschaftlich vertreten werden. Der Kampf für eine gerechte Arbeitswelt hört nicht an der Bürotür auf – er beginnt dort, wo Solidarität und soziale Absicherung verteidigt werden müssen.